geschrieben am 03. August 2012 von Redaktion
Die Eurokrise eskaliert trotz Austerität, Wachstumspakt und Reformen. Was wird aus Europa? Niemand weiß es wirklich. Daher hat Außenminister Westerwelle die Initiative ergriffen und eine EU-Zukunftgruppe ins Leben gerufen. In diesem Format treffen sich regelmäßig die Außenminister Belgiens, Dänemarks, Deutschlands, Italiens, Luxemburgs, Österreichs, der Niederlande, Polens, Portugals und Spaniens. Im jüngsten Bericht der Gruppe heißt es:
Das hergebrachte „Narrativ“ der Europäischen Union als Instrument zur dauerhaften Überwindung von Krieg in Europa reicht für die heutige „Erasmus“-Generation nicht mehr aus – die Erfolge der Integration, z. B. die Bewegungsfreiheit im Schengenraum, sind allzu selbstverständlich geworden. Die mit dem europäischen Projekt verbundenen Kosten ziehen oft mehr Aufmerksamkeit auf sich als der Mehrwert, den es für unsere Bürger schafft.
Dies erscheint als ehrliche Bestandsaufnahme, die aber Fragen aufwirft. Ist es nicht eine gute Sache, dass die Vorstellung von Krieg gegeneinander in den Köpfen heute gar nicht mehr existiert? Oder ist eben dieses fehlende Bewusstsein langfristig gefährlich? Um Antworten zu finden, muss gerade die junge Generation eine intensivere, langfristig angelegte EU-Debatte führen. In ein ähnliches Horn stoßen die Minister:
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geschrieben am 20. Juli 2012 von Marie-Christine Ostermann
Europa befindet sich im dritten Jahr einer strukturellen Krise, zu deren Lösung die europäische Politik immer neue Instrumente erschafft und gerade getroffene Vereinbarungen immer wieder durch neue Regeln ersetzt. Die Politik möchte unter allen Umständen ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen und wirft jeder noch so sachlich formulierten Kritik entgegen: „Wir haben alles im Griff und sind auf einem guten Weg!“ Doch die Bürger in Deutschland und im Rest Europas sehen, dass diese Wahrnehmung nicht der Realität entspricht. Eine völlig richtige Einschätzung.
Die vermeintliche Rettungspolitik hat sich mit einigen grundlegenden Entscheidungen auf eine schiefe Ebene begeben. Die Entscheidungsträger sind längst zu Gefangenen ihrer falschen Annahmen geworden. Die Logik von immer höheren Brandmauern, die auf Basis von immer höheren Milliarden-Summen errichtet werden, ist zum Scheitern verurteilt. Dies liegt vor allem daran, dass die bisherigen Rettungsmaßnahmen im Gegensatz zu grundlegenden marktwirtschaftlichen Prinzipien stehen. Anstatt dafür zu sorgen, dass Risiko und Haftung wieder zusammengeführt werden, geben wir Summen in Billionen-Höhe für das Gegenteil aus.
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geschrieben am 02. Juli 2012 von Joerg Wolf
Dr. Andreas Schockenhoff und Roderich Kiesewetter
Die Euro-Krise kostet allen Bundestagsabgeordneten viel Zeit und Aufmerksamkeit. Es wird kaum debattiert, wie deutsche und europäische Außenpolitik gestaltet werden soll. Daher ist die Initiative der Abgeordneten Schockenhoff und Kiesewetter besonders zu begrüßen.
Sie analysieren das strategische Umfeld Europas und machen konkrete Vorschläge für die Stärkung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU, insbesondere für die Politik der Bundesrepublik. Weiterlesen
geschrieben am 18. Mai 2012 von Dr. Bernhard Felmberg
Im vergangenen Jahr war laut UNHCR die Zahl der Flüchtlinge so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr. Die ersten Anlaufpunkte für Menschen, die vor Konflikten, Verfolgung oder Menschenrechtsverletzungen fliehen mussten, sind meist arme Nachbarstaaten. Oftmals können und wollen die Menschen dort nicht bleiben und so schnell wie möglich wieder in ihre Heimatländer zurückkehren. Für einen Teil der Flüchtlinge sind jedoch weder eine schnelle Rückkehr noch die Integration in den Zufluchtsstaat möglich. Die Lösung heißt für viele: Neuansiedlung in einem aufnahmebereiten Drittstaat.
Mit der steigenden Zahl der Flüchtlinge wächst der Bedarf an Resettlementprogrammen
Auf dieses so genannte Resettlement sind vor allem besonders schutzbedürftige Flüchtlinge, denen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen oder eine Abschiebung in den Herkunftsstaat drohen, angewiesen. Nur 27 Staaten weltweit haben bisher ein Resettlementprogramm eingerichtet, das in Zusammenarbeit mit dem UNHCR eine jährliche Aufnahme von Flüchtlingen in den jeweiligen Staat vorsieht.
Die Zahl der Flüchtlinge, die aufgenommen werden, liegt dabei weit unter dem von UNHCR ermittelten Bedarf. Verglichen mit den USA oder Australien bleiben europäische Staaten im Blick auf die Einrichtung von Resettlementprogrammen verhältnismäßig zurückhaltend. Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren ihre Bereitschaft zur Neuansiedlung von Flüchtlingen vor allem durch ad hoc Aufnahmeaktionen gezeigt. Ein jüngstes Beispiel ist die Aufnahme von 2501 irakischen Flüchtlingen, die zwischen 2009 und 2010 nach Deutschland gekommen sind. Beide Kirchen hatten sich im Vorfeld der Aufnahme engagiert für die Neuansiedlung der Flüchtlinge eingesetzt. Weiterlesen
geschrieben am 20. April 2012 von Theresia von Horneck
Die deutsche Politik wird nicht müde mehr zu fordern. Konkrete inhaltliche Konzepte folgen aber selten. Nun hat Außenminister Westerwelle wieder eine EU-Verfassung ins Gespräch gebracht. Zunächst einmal muss Deutschland aber mit einer integrationsfreundlichen Grundgesetzänderung oder einer neuen deutschen Verfassung die Grundlage für tiefgreifende Integrationsprozesse schaffen. Die vorangehende öffentliche Debatte darüber dürfte dann auch zeigen, wo und wie Deutschland die Zukunft der EU sieht.
Das Auswärtige Amt erklärt nur Europa, aber nicht die EU
Guido Westerwelle sowie die Webseite des Auswärtigen Amtes (AA) werden nicht müde, sich zu Europa zu bekennen. Überall findet man die Schlagworte „mehr Europa“ und „weitere Integration“. Kürzlich wurde auch das AA-Konzept zur Europa-Kommunikation veröffentlicht. Darin wird erklärt, wie Europa am Besten den Deutschen und dem nicht-europäischen Ausland näher gebracht sowie europäische Nachbarn von den europäischen Absichten Deutschlands überzeugt werden können.
Interessanterweise bleibt aber der Begriff Europäische Union in dem Kommunikationskonzept des AA ungenannt. Man spricht von Europa, europäischen Nachbarn, dem europäischen Projekt, deutscher Europapolitik, der Eurokrise. Gemeinsame europäische Werte und die Bedeutung der geographischen Nähe werden betont. Das AA scheint den Kontinent Europa erklären zu wollen, nicht die Staatengemeinschaft EU. Weiterlesen
geschrieben am 05. April 2012 von Alexander Plahr
In seinem Artikel vom 2. April argumentiert Matthias Ecke gegen den Europäischen Fiskalpakt. Dieser nehme der Politik Gestaltungsmöglichkeiten und sei auf Dauer angelegt. Man muss sagen, zum Glück! Denn was ein bereits in seiner Anlage lediglich als temporär geplanter Pakt wohl an nachhaltiger Steuerungswirkung entfalten könnte, kann sich wohl jeder ausmalen. Soll er wirksam sein, muss der Fiskalpakt daher selbstverständlich auf Dauer angelegt sein.
Was aber ist mit dem Vorwurf, der „Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion“ nehme der jeweiligen nationalen Politik wichtige Gestaltungsspielräume? Auf eine solche Idee kann wohl nur kommen, wer ohne Schulden kein politisches Programm mehr hat.
Politik hat eine Verantwortung nicht nur für heutige, sondern auch für kommende Generationen. Die Aufnahme von Staatsschulden ist jedoch nichts anderes, als das Verlagern von Lasten auf diese kommenden Generationen. Es ist sozusagen das Verpfänden ihrer Zukunft zum Zwecke der Lösung heutiger Probleme. Eine asozialere Handlungsweise von Regierung und Parlament ist schwerlich vorstellbar. Ein Verschuldungsverbot engt keine politischen Spielräume ein, sondern führt diese vielmehr in einen verantwortbaren Korridor zurück - so dass nicht von heute handelnden Akteuren die Spielräume kommender Generationen verfrühstückt werden. Weiterlesen
geschrieben am 02. April 2012 von Matthias Ecke
Der europäische Fiskalpakt darf so nicht ratifiziert werden. Er ignoriert die tatsächlichen Krisenursachen und höhlt Demokratie und Gemeinschaftsrecht aus. Statt die fatale Kürzungspolitik mit dem Fiskalpakt fotzusetzen müssen die Krisenverursacher zur Verantwortug gezogen werden.
In Leipzig zeigt eine Bronzestatue Faust und Mephisto im Duett vor Auerbachs Keller. Hierhin kehrten die Partner nach Vertragsabschluss ein. Faust noch voller Zuversicht ob des bevorstehenden Umtrunks, aber sein schreckliches Ende war ihm schon gewiss. Merke: Wenn von Pakten die Rede ist, sollte man grundsätzlich argwöhnisch sein.
Den Europäischen Fiskalpakt als diabolisch zu bezeichnen wäre sicher etwas zu blumig formuliert, falsch aber wäre es nicht. Denn der Fiskalpakt, offiziell „Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion“ ähnelt dem faustischen Teufelspakt doch beachtlich. Er erscheint er auf den ersten Blick als lohnender Vertrag, ist beim genaueren Hinsehen jedoch voller Tücken. Einmal geschlossen ist er praktisch irreversibel. Zeichnen wir diesen Pakt, wird es ein böses Ende nehmen. Weiterlesen
geschrieben am 23. März 2012 von Michael Roth
Überzeugte Europäer sollten die Stimme des Volkes nicht fürchten. Viele Bürger trauen der Europäischen Union weder die Kraft noch die Fähigkeit zu, die derzeitige Staatsschulden- und Vertrauenskrise zu bewältigen. Der Verlust an Glaubwürdigkeit ist immens. Dieser deprimierende Befund ist der Nährboden für Skepsis, ja Ablehnung gegenüber weiteren Integrationsschritten. Und da können noch so viele Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft „mehr Europa, nicht weniger“ fordern.
Im Gegensatz zu zahlreichen anderen europäischen Staaten konnte sich in Deutschland bislang keine Partei etablieren, die die grassierenden Ängste und Vorurteile erfolgreich auszuschlachten vermag. Aus den kritischen Stimmungen sind keine Stimmen für populistische Kräfte geworden. Noch nicht! Aber es gibt die hinlänglich bekannte Taktik europhober Kräfte, immer dann eine Volksabstimmung über Europas Zukunft ins Spiel zu bringen, wenn es besonders schlecht um die EU steht. Bislang half in dieser Frage ein Blick in das deutsche Grundgesetz, das Volksabstimmungen mit Ausnahme von Länderneugliederungen nicht vorsieht. Das kann man beklagen, aber es ist nun einfach mal so.
In seiner mittlerweile mehr als 60-jährigen Geschichte hat sich das Grundgesetz als ausgesprochen integrationsfreundlich erwiesen. Nach über Jahrzehnten hinweg herrschender Auffassung stand einem vereinten Europa mit einer föderalen, demokratischen und rechtsstaatlichen Struktur nichts im Wege. Die Entwicklung Deutschlands in einer sich immer weiter vertiefenden Europäischen Union schien offen. Weiterlesen
geschrieben am 21. März 2012 von Dr. Ulrike Guerot
Wieder einmal scheint Deutschland zu groß für Europa und zu klein für die Welt. Die neue Deutsche Frage lautet: ist Deutschland zu Beginn des 21. Jahrhunderts fähig und bereit, sich weiter für eine vertiefte europäische Integration zu engagieren oder strebt es danach, ein selbständiger Akteur auf der internationalen Bühne zu werden? Eine klare Antwort gibt es bisher nicht. Drei Entwicklungen sind jedoch zu beobachten:
Erstens verhandelt Deutschland seine Rolle in Europa neu. Die deutsche Dominanz in der EU beruht in erster Linie auf einem deutlichen ökonomischen Machtzuwachs in Europa. In dieser Debatte wird immer lauter ausgesprochen, dass Europa nicht Deutschlands einzige Option sei. Weiterlesen
geschrieben am 15. März 2012 von Kerstin Mueller
Seit nunmehr einem Jahr führt das Assad-Regime in Syrien Krieg gegen sein Volk. Es beschießt wahllos Wohngebiete, selbst Helfer des Roten Halbmonds, macht Krankenhäuser zu Folterkammern, auch für Kinder und Frauen, und kappt sämtliche überlebenswichtigen Versorgungswege. Längst verdrängte Bilder des Balkankrieges kehren zurück - mit Scharfschützen auf Dächern, Leichen in den Straßen und Menschen in Todesangst, denen jeder Fluchtweg versperrt ist. War das Versprechen „Nie wieder Srebrenica“ für uns also nichts weiter als eine hohle Phrase?
Die Weltgemeinschaft hat 2005 eine internationale „Schutzverantwortung“, die „Responsibility to Protect“ beschlossen, um solche Verbrechen gegen die Menschlichkeit nie wieder geschehen zu lassen. Wenn ein Staat seine Bürger nicht schützen will oder kann, muss die Staatengemeinschaft diese Aufgabe übernehmen. Was aber geschieht im Fall Syriens? Trotz offenkundiger Verbrechen gegen die Menschlichkeit zögert die Weltgemeinschaft. Denn anders als in Libyen ist zu recht die Angst vor einem regionalen Flächenbrand sehr groß. Weiterlesen