Impeachment? Außenpolitik unter Mike Pence

Lukas Posch │ 23. Mai 2017



PoschWährend US-Präsident Trump seine erste Auslandsreise absolviert, reißen im Inland die Rufe nach seinem Rücktritt nicht ab. Auch wenn Vertreter der Demokraten dazu aufrufen, die Angelegenheit langsam anzugehen, stellt sich diesseits des Atlantiks eine Frage: Was passiert nach einer Amtsenthebung in transatlantischen Belangen?

Für viele Beobachter auf beiden Seiten des Atlantiks stellte die unerwartete Wahl Donald J. Trumps zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten eine unerwartete Stunde null dar. Zu gering waren die Chancen und zu groß der Aufwand, sich vorab mit jemandem zu arrangieren, der dem Garanten des Friedens, der NATO, die Existenzberechtigung quasi absprach. Doch auch die Unterstützer Trumps schienen nicht ganz im Klaren ob seiner ursprünglich isolationistischen Ankündigungen.

Wenige Monate später scheint nichts wie vom neuen Präsidenten angedeutet worden zu sein. In der Frage um die Errichtung einer „ununterbrochenen, undurchdringbaren physischen Barriere“ scheiterte Trump am Kongress, in Sachen Krankenversicherung befindet sich der American Health Care Act in Wartestellung. Neben diesen politischen Projekten, deren endgültiges Schicksal sich bisher nur schemenhaft abzeichnet, etablierten sich jedoch handfeste Tatsachen.

Tatsächlich schien spätestens mit der ersten Verschiebung der Abstimmung über die Gesundheitsreform jede der drei Gewalten ein angespanntes Verhältnis mit dem Präsidenten zu haben. Während der Präsident in der Legislative mit dem stark konservativen Freedom Caucus und seinen 31 Kongressabgeordneten hadert, stellen die progressiven Richter des an der Westküste befindlichen 9th Circuit seine Dekrete beständig infrage.

Zu all diesen alltäglichen Problemen eines Präsidenten gesellt sich im Fall des Amtsinhabers jedoch ein mehr oder weniger handfester Skandal. Nachdem bereits während des Wahlkampfs die Sorge laut wurde, dass von russischer Seite Einfluss auf die Wahl genommen worden wäre, war es das Bekanntwerden nicht geäußerter Kontakte des Sicherheitsberaters des Präsidenten, das dazu führte, dass Michael Flynn nach 24 Tagen von seinem Amt zurücktrat.

Zwischen den parteipolitisch und ideologisch geladenen Debatten um die Frage, ob der Präsident selbst davon Kenntnis hatte, dass der designierte Sicherheitsberater sich mit dem russischen Botschafter über Sanktionen unterhielt, stellt sich folgerichtig die Frage, was im Fall einer erfolgreichen Amtsenthebung passieren würde. Während bekannt ist, dass Vizepräsident Mike Pence in diesem Fall als 46. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt werden würde, ist seine außenpolitische Ausrichtung, in welcher er sich stark von Donald J. Trump unterscheidet, bisher teilweise unbekannt.

Mike Pence – der konservative Gegenpol zu Donald J. Trump
Nachdem Trump im ersten Fernsehduell gegen seine Rivalin Hillary Clinton auch aus Sicht vieler seiner Anhänger lediglich ein Unentschieden erzielen konnte, war es Mike Pence, der dem Team Trump Anfang Oktober einen ersten medialen Sieg im Umgang mit den Gegenkandidaten verschaffte. Zu diesem Zeitpunkt war Pence noch Gouverneur von Indiana und hatte sich in den vorherigen vier Jahren seiner Amtszeit einen Namen als sparsamer Wirtschaftsliberaler und Sozialkonservativer gemacht.

Kontroverse Positionen etwa hinsichtlich der Gleichberechtigung von Homosexuellen ließen ihn in die Kritik einiger Bürgerrechtsorganisationen geraten – doch letztlich war es die politische Erfahrung als Gouverneur und ehemaliger Kongressabgeordneter, die Pence zu Trumps running mate werden ließen. Während seiner Zeit im Kongress hatte Pence etwa den Vorsitz des Unterausschusses zum Mittleren Osten inne und gehörte zum Tea Party Caucus – im Unterschied zum Präsidenten sprach er sich etwa mehrfach für die Intervention im Irak ab 2003 aus.

Auch abseits des Kongresses machte Pence rasch deutlich, dass seine außenpolitischen Überzeugungen nicht hinter die eines Donald J. Trump zurücktreten würden. Im Fernsehduell gegen den demokratischen Vizepräsidentschaftskandidaten Tim Kaine etwa distanzierte sich Pence mit konträren Äußerungen über den von ihm als schwach und einschüchternd empfundenen russischen Präsidenten Putin und zeigte mithin eine andere Perspektive als die seines Wahlkampfpartners, der Putin zu diesem Zeitpunkt noch für seine Stärke lobte.

Trotz der Tatsache, dass Mike Pence seine Position möglicherweise einer Empfehlung der Tochter und des Schwiegersohns Donald J. Trumps verdankt, bewies Pence bisher Talent darin, sich keiner der anscheinend im Dauerkonflikt befindlichen Gruppen zwischen Jared Kushner und Steve Bannon zuzuordnen. Im Fall einer erfolgreichen Amtsenthebung kann das darauf hindeuten, dass die neue Außenpolitik der USA durch die interventionistische Riege gekennzeichnet würde, welche Pence in das National Security Team beorderte.

Interventionistische Außenpolitik im Schatten Donald J. Trumps?
Seit seinem Auftritt bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2017, bei welchem er die europäischen Staaten davon zu überzeugen suchte, dass die Trump-regierten USA weiterhin ein starker Partner in der NATO bleiben würden, hat Pence sich als überlegtes Gegenstück zum Präsidenten in das europäische Gedächtnis eingebrannt. So verwundert es nicht, dass parallel zum medial omnipräsenten Treffen zwischen Trump und dem russischen Außenminister Lawrow ein Treffen zwischen Pence und dem ukrainischen Außenminister Klimkin stattfand. Wo Trump den Dialog mit Russland sucht und aufrechterhält, schlägt Pence eine härtere Linie ein.

Diese von ihm bevorzugte harte Linie war es auch, die ihn an der Militärgrenze zu Nordkorea in notfalls kampfentschlossener Pose auftreten ließ. Trump und Pence stellen aktuell ein Team dar, in welchem Pence die Rolle des Hardliners zukommt, der dazu entschlossen scheint, Worten in jedem Fall Taten und Streitkräfte folgen zu lassen.

Für Europa stellt die Möglichkeit, mit Mike Pence zusammenzuarbeiten, eine massive Veränderung weg von einer aktuell recht ideologiefreien Außenpolitik dar, auf welche der amtierende US-Präsident zurückgreift. Gleichzeitig ist nicht zu erwarten, dass der Falke Pence die Forderung gegenüber den NATO-Staaten, mehr in die eigene Verteidigung zu investieren, abmildern würde. Und während Präsident Trump mit dem Einsatz von Marschflugkörpern in Syrien unter Beweis stellte, dass rote Linien für ihn nicht verhandelbar sind, ist nicht ausgeschlossen, dass solche Linien unter Mike Pence schon weit früher überschritten würden.

Lukas Posch ist Student an der Bucerius Law School in Hamburg und Regionalleiter in der Initiative junger Transatlantiker. Er unterstützt die Initiative etwa mit der Veranstaltung sicherheitspolitischer Wochenenden.

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