Global NATO

Ivo Daalder, James Goldgeier, Foreign Affairs, September/Oktober 2006

In den letzten Jahren hat sich die NATO fast unbemerkt von einem geographisch begrenzten Verteidigungsbündnis zu einer global tätigen Organisation gewandelt. Beispiele für die neuen NATO-Einsätze rund um den Globus sind das ISAF-Kommando in Afghanistan, das Training für irakische Offiziere, die Luftbrücke für Soldaten der Afrikanischen Union nach Darfur oder die Hilfe für Opfer von Naturkatastrophen. Doch die NATO bleibt eine regionale Organisation, die die globalen Bedrohungen nicht allein eindämmen kann. Deshalb ist sie bei ihren Einsätzen immer stärker auf die Unterstützung von Ländern angewiesen, die der Allianz nicht angehören.
Australien, Brasilen, Japan, Indien, Südafrika oder Südkorea – Staaten wie diese unterstützen die NATO mit zusätzlichen Soldaten oder Logistik. Gleichzeitig teilen sie die Werte und Interessen des Bündnisses. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer sprach deshalb im April 2006 erstmals von einer „Allianz mit globalen Partnern“. Doch reicht eine Partnerschaft aus, um gemeinsame Strategien auch erfolgreich umzusetzen? Die NATO sollte die globalen Partnerschaften nicht als das Ende ihres Erweiterungsprozesses betrachten, sondern als ersten Schritt zur formellen Mitgliedschaft. Dazu bedarf es allerdings einer Änderung des Artikels 10 des Nordatlantikvertrags, der nur europäische Staaten als neue Mitglieder zulässt. Statt geographischer Kriterien sollte hier lieber das Bekenntnis zu Demokratie und Menschenrechten zählen sowie deren reale Berücksichtigung in der politischen Praxis. Damit könnte jeder Staat die Mitgliedschaft beantragen, der die Ziele der NATO teilt.
Eine globale NATO stellt keine Konkurrenz zu den Vereinten Nationen oder zur EU dar. Weil die NATO in erster Linie eine militärische Allianz bleibt, wird sie keine zweite UN. Eine weltweit von den führenden Demokratien unterstützte NATO würde  bedeutend mehr Legitimität genießen. Sie könnte die UN dabei unterstützen, ihre Entscheidungen auch durchzusetzen – man denke an die schon vor 2 Jahren beschlossene Entwaffnung der Hizbollah. Der EU könnte ein globale NATO bei ihrem weltweitem Engagement gleichfalls wichtige Hilfestellung leisten. Da der  EU die militärischen Kapazitäten fehlen, um weit außerhalb Europas zu operieren wäre das Bündnis eine konstruktive Ergänzung, die zur Umsetzung von Zielsetzungen etwa beim Wiederaufbau unverzichtbar sein könnten. Denn es ist nicht abzusehen, dass die EU in absehbarer Zukunft die nötigen militärischen Kapazitäten dafür schaffen wird.


In die gleiche Richtung zielt ein Artikel von Jan Ole Kiso und Adrian Taylor  bei Europe´s World. Darin fordern die Autoren nicht nur die Öffnung der NATO für globale Mitgliedschaft, sondern auch eine Namensänderung in "Organisation of Democratic States" (ODS).

Zusammenfassung erstellt von Björn Sacknieß (04.09.2006)